08.06.2018
Das Genie beherrscht das Chaos. Oder doch nicht? Sechs Schreibtischtypen im Überblick
Ist Chaos das halbe Leben? Oder darf's etwas ordentlicher sein? Das kommt ganz auf den jeweiligen Schreibtischtypen an, hat die britische Verhaltenspsychologin Donna Dawson festgestellt.
Funktionsflächen-Organisator: Dieser Arbeitsplatz sieht aus wie frisch gebohnert und gewachst. Er ist nicht nur aufgeräumt, sondern auch durchorganisiert und hochfunktional aufgebaut. Mousepad, Stift und Kalender sind akkurat angeordnet und ergonomisch sinnvoll ausgerichtet. Brötchenkrümel? Kaffee-Flecken? Zerknülltes Papier? Fehlanzeige! Hier greift ein Rädchen in das andere. Doch hier arbeitet kein Kontrollfreak, sondern ein Organisationstalent, das gebraucht und beachtet werden will. Der Funktionsflächen-Organisator hilft gern, wenn man ihn darum bittet, und arbeitet dabei trotzdem strukturiert und effizient.
Oberflächenchaos-Beherrscher: Dieser Schreibtischtyp beneidet seinen Nachbarn um dessen Funktionsfläche. Aber er schafft es nicht, seinen Arbeitsplatz aufzuräumen und besser zu organisieren. Zwar führt das Chaos auf seinem Desk eine Art Eigenleben, doch hinter dem oberflächlichen Tohuwabohu lässt sich ein System erkennen. Er ist ein Genie, das das Chaos aus Merkzetteln und leeren Kaffeetassen beherrscht. Das Oberflächenchaos gehört zu einem liebenswerten Workaholic, der flexibel einsetzbar ist und brillante Ideen zu Brainstormings beisteuert. Gestresst wirkt er vor allem dann, wenn er wieder mal mit den Kollegen auf dem Gang gequatscht hat, anstatt seinen Schreibtisch aufzuräumen.
Schautisch-Besitzer: Auf den ersten Blick hat der Schautisch viel mit dem Oberflächenchaos gemein. Doch die Papierberge, Bücherstapel und Post-Its seines Besitzers sind bewusst drapiert und sollen sowohl Vielseitigkeit als auch ein breites, kreatives Interesse zur Schau stellen. Darunter mischt sich moderne Technik, aber nur, wenn sie gerade angesagt ist und als Trend gilt. Der Besitzer eines solchen Arbeitsplatzes empfindet sich selbst als kreativen Kopf, der lateral und in großen Visionen denkt. Doch wenn es um Details und Sorgfalt geht, ist er raus. Dafür mag er es sehr, beschäftigt zu sein – oder zumindest so zu wirken.
Trophäen-Sammler: Auf diesem Schreibtisch findet sich ein Sammelsurium an persönlichen Gegenständen und Erinnerungsstücken. Es reicht von Familienfotos und Urlaubsbildern über Kinderzeichnungen bis hin zu Kundengeschenken. Trophäen-Sammler, die eine Wand zur Verfügung haben, nehmen auch diese mit ihren Memorabilia in Beschlag. Wer seine Handcreme oder Kopfschmerztabletten vergessen hat, ist hier an der richtigen Stelle. Donna Dawson schreibt diesen Kollegen ein ständiges Verlangen nach Aufmerksamkeit und konstanter Unterhaltung im Job zu. Sonst droht Langeweile – und die kann dieser Schreibtischtyp überhaupt nicht leiden. Dafür ist er kontaktfreudig, aber selten diskret.
Gedenktafel-Pfleger: Anders als beim Trophäen-Sammler hat die Arbeitsfläche des Gedenktafel-Pflegers etwas klinisches. Der Arbeitsplatz repräsentiert vor allem das Unternehmen, für das dieser Büromensch arbeitet. Vergebens suchen Kollegen hier nach einer persönlichen Note oder ein bisschen Einrichtungs-Schnickschnack. Hier herrscht pure Funktionalität. Gut möglich, dass der Besitzer der Gedenktafel eine professionelle Maske trägt, hinter die er niemanden blicken lässt. Dieser Schreibtischtyp ist meist nett und pflegt durchaus rudimentäre Kontakte zu seinem Team, zu denen auch ein gemeinsames Mittagessen gehört. Aber wer er wirklich ist, was er denkt und wofür er sich interessiert, bleibt sein Geheimnis.
Repräsentantenplatten-Nutzer: Hier muss man zweimal hinsehen. Denn zunächst wirkt dieses Büro überfrachtet oder sogar verkramt. Tatsächlich aber erfüllt hier jeder Gegenstand seinen Zweck: Er soll den Repräsentantenplatten-Nutzer in ein positives Licht rücken. An den Wänden hängen Dokumentationen vergangener Erfolge, Andenken an exklusive Reisen und Medaillen von sportlichen Höhenflügen. Sie alle beweisen dem, der ihnen über die Schulter guckt: Hier steht der Schreibtisch eines Anführers. Solche Typen streben nach vorn, um etwas erreichen. Das soll dann aber auch gewürdigt werden.
[HEIKE THISSEN]