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10.05.2019

Fit im Job dank Bewegung

Die meisten Menschen sitzen so viel, dass der Körper irgendwann Alarm schlägt. Warum tut er das?

Die Deutschen sind geplagt von Zipperlein. Rückenschmerzen, Arthrose, Bandscheibenvorfälle oder Knieschmerzen sind nur vier von vielen. Doch gegen sie alle ist ein Kraut gewachsen: Bewegung! „Wer Beschwerden hat, versucht den Schmerz zu vermeiden, was zu Immobilität führt und langfristig gesehen zu einer Verschlechterung der Lebensqualität“, erklärt der renommierte Schmerztherapeut Roland Liebscher-Bracht. In den vergangenen 30 Jahren hat der studierte Ingenieur zusammen mit seiner Frau Dr. Petra Bracht eine Therapie entwickelt, die Patienten auf natürliche Weise dauerhaft von ihren Schmerzen befreien kann. „Unser Ziel ist es, dass alle Menschen ein schmerzfreies, gesundes Leben in voller Beweglichkeit bis ins hohe Alter führen können“, sagt er.

Wie entstehen Schmerzen?

„Das Bewegungssystem unseres Körpers bietet uns von Natur aus die Möglichkeit, 100 Prozent unserer Gelenkwinkel zu nutzen. Die meisten Menschen setzen in ihrem Alltag allerdings nur etwa 10 Prozent davon ein“, erklärt Roland Liebscher-Bracht. Das liege vor allem daran, dass moderne Lebens- und Arbeitswelten stark durch sitzende oder einseitig belastende, routinierte Tätigkeiten geprägt sind. „In unserem Gehirn manifestieren sich diese minimalistischen, wiederkehrenden Bewegungsmuster: Hirnprogramme speichern die häufig genutzten Bewegungsabläufe und sorgen durch Ansteuerung der Muskeln dafür, dass sie im Alltag schnell und präzise umgesetzt werden können“, geht er ins Detail. Der gesunde Mensch besitzt 656 Muskeln, die von Faszien – den Weichteil-Komponenten des Bindegewebes – umhüllt sind. Jedes Mal, wenn ein Gelenk gestreckt oder gebeugt wird, ziehen sich Muskelpartien und die umliegenden Faszien zusammen, während andere nachgeben und gedehnt werden. „Wenn wir aber nur noch 10 Prozent der Bewegungsmöglichkeiten unseres Körpers ausschöpfen, werden unsere Muskeln und Faszien nicht mehr regelmäßig in vollem Umfang gedehnt und so mit der Zeit immer unnachgiebiger. Im übertragenen Sinn rosten sie ein“, führt Liebscher-Bracht die Konsequenz aus.

Warum Bewegungsarmut im Alltag schadet

Für den Arbeitsalltag im Büro zum Beispiel bedeutet das, dass beim Sitzen die Muskeln und Faszien im vorderen Körper durch die angewinkelten Beine nicht gestreckt sind. Bei Menschen, die diese Position sehr häufig einnehmen, passen sich diese Muskeln und Faszien der Haltung nach und nach an, wenn sie nicht regelmäßig gedehnt werden. Sie werden immer unnachgiebiger und können beim Hinstellen nach dem Sitzen die nötige Streckung nicht mehr im erforderlichen Maß mitmachen. „Hier sprechen wir dann von einer Verkürzung der Muskeln und Faszien“, erklärt der Schmerztherapeut. Um sich dennoch gerade hinstellen zu können, versucht der Körper, die Zugkraft nach vorne durch die Muskeln und Faszien im Rückenbereich wieder auszugleichen: Er baut eine über das normale Maß hinausgehende Gegenspannung auf. Dadurch herrscht eine Zugkraft durch die überhöhte muskulär-fasziale Spannung vor, die die Gelenkflächen und Wirbelkörper so stark aufeinanderpresst, dass Verschleiß an Knorpel, Bandscheiben und Knochen entsteht. Und dann kommt der Schmerz ins Spiel: „In der Knochenhaut sitzen Rezeptoren, die diesen Verschleiß registrieren und die Bedrohung der Struktur an das Gehirn weiterleiten. Ist die Struktur durch unsere Bewegungsmuster bedroht, projiziert das Gehirn einen Schmerz in den entsprechenden Körperbereich und macht den Betroffenen auf diese Weise auf die Bedrohung der Struktur aufmerksam – der Schmerz alarmiert ihn sozusagen“, sagt Liebscher-Bracht über den so genannten „Alarmschmerz“. Rückenschmerzen, Arthrose, Bandscheibenvorfälle oder Knieschmerzen gehören dazu.

Druck bringt Abhilfe bei Alarmschmerzen

Zusammen mit seiner Frau hat Roland Liebscher-Bracht einen Weg gefunden, auf diese Alarmschmerzen zu reagieren. Die Schmerztherapie nach Liebscher & Bracht verwendet eine manualtherapeutische Technik, die Osteopressur. Dabei werden gezielt die Alarmschmerz-Rezeptoren in der Knochenhaut gedrückt. „Dadurch können die Hirnprogramme angesteuert und zurückgesetzt werden, sodass sich die muskulär-faszialen Spannungen normalisieren. Als Folge werden auch die Gelenkflächen und Wirbelkörper nicht mehr so stark aufeinandergepresst, was von den Rezeptoren in unserem Körper wahrgenommen und an das Gehirn weitergeleitet wird“, erklärt Roland Liebscher-Bracht die Wirkungsweise. Entsprechend wird auch der Alarmschmerz eingestellt. Die Wirkung der Therapie zeigt, dass die Schmerzen nicht durch den Verschleiß der Struktur an sich entstehen, sondern durch die vom Gehirn registrierten überhöhten muskulär-faszialen Spannungen. Und die wiederum gehen auf minimalistische und einseitige Bewegungsmuster zurück.

Schmerzfreiheit durch veränderte Muster

Doch allein mit dem Überwinden der Alarmschmerzen ist die Sache noch nicht erledigt, sagt der Experte: „Damit die Therapie dauerhaft wirken kann, muss der Patient die einseitigen Bewegungsmuster, die zu den Schmerzen geführt haben, konsequent ändern. Sonst bauen sich die entsprechenden Bewegungsprogramme im Gehirn und die Überspannungen bald wieder auf, sodass der Alarmschmerz erneut gesendet wird.“ Weil der moderne Alltag vieler Menschen jedoch einseitige Bewegungsmuster fördert und eine konsequente Änderung dieser Routinen selten zulässt, hat er mit seiner Frau verschiedene Übungen entwickelt, die den Verkürzungen gezielt entgegenwirken. Damit jeder davon profitieren kann, sind diese sogenannten Engpassdehnungen kostenlos auf dem YouTube-Kanal der beiden zu sehen. Mehr als 250.000 Schmerzgeplagte haben den Kanal abonniert und trainieren mit Hilfe der Videos gegen ihre Schmerzen an.

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