08.06.2018
Wenn aus Kollegen Freunde werden und mehr über Freunde am Arbeitsplatz
Mit dem Team nach Büroschluss kickern und zusammen über den Chef lästern? Kann man machen. Muss man aber nicht.
Acht Stunden oder mehr verbringen wir an Arbeitstagen mit unseren Kollegen. Wir treffen sie morgens an der Kaffeemaschine, wir grübeln zusammen über den besten Ideen, wir bauen uns nach Rückschlägen gegenseitig auf und feiern, wenn wir ein Projekt erfolgreich abgeschlossen haben. Wenn die Chemie stimmt, wachsen Kollegen uns ans Herz und werden Freunde. Das ist schön, schließlich machen gute Beziehungen im Job das Leben wesentlich angenehmer. Weniger Stress, gesteigerte Produktivität, bessere Arbeitsatmosphäre und mehr Kreativität sind die Folgen, wenn das Team sich gut versteht. Doch mit der Freundschaft ziehen die Kollegen in unser Privatleben ein. Und dagegen spricht dann doch so einiges, sagt Diplom-Psychologe Dr. Norbert Gulmo, der zum Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie forscht.
Abgrenzung ist wichtig
„Wir haben alle das Bedürfnis nach Abgrenzung – innerhalb und außerhalb der Arbeit. Wenn wir nun aber die Arbeitskollegen mit in die Freizeit nehmen und mit ihnen auch unbewusst alle Arbeitsdinge assoziieren, könnte das auf Dauer problematisch werden“, erklärt der Experte. Bei Konflikten entscheide sich oft, ob man sich die richtige Person für die im Vertrauen erzählten privaten Details gesucht hat, betont er. Und auch bei anderen Situationen könnte es schnell vorbei sein mit der „Freundschaft“ am Arbeitsplatz, zum Beispiel, wenn es darum ginge, wer die nächste Karrierestufe raufklettert oder wer bei einer Entlassungswelle gehen muss. Wie bei so vielen Dingen im Leben kommt es auf die Balance an.
Spielregeln für den Alltag
Die wichtigste Regel überhaupt lautet: Gute Zusammenarbeit ist nicht gleichzusetzen mit Freundschaft. Toll, wenn das Team an einem Strang zieht. Aber zuviel erwarten sollte man von den Kollegen nach Feierabend nicht, das kann zu Enttäuschungen führen. Ist doch eine Person mit Freunde-Potential dabei, gilt: Arbeit ist Arbeit und Freizeit ist Freizeit. Unter ziemlich besten Kollegen muss das klar sein. Privates wird privat besprochen, Berufliches im Büro. Lässt sich nicht immer zu 100 Prozent durchziehen, sollte aber das Ziel sein. Ansonsten: Immer schön offen bleiben, für die anderen Kollegen genauso wie für die alten Freunde.
[PATRIZIA BARBERA]