08.06.2018
Wie war das Wochenende? Gut aber viel zu kurz ... Viel Erholung mit wenig Wochenende - so klappt's!
Warum rast die Zeit nur am Wochenende, aber unter der Woche nicht? Weil sie umso schneller vergeht, je mehr wir erleben! Sieben Tipps für erfüllte Sams- und Sonntage.
Es ist doch jeden Montagmorgen dieselbe Leier: „Wie war dein Wochenende?“ fragt der Kollege und wir antworten: „Schön, aber viel zu kurz.“ Weil wir so viel erledigen und erleben wollten und anscheinend doch so wenig in diese zwei Tage hineingepasst hat. Dabei haben wir bei genauerem Hinsehen vermutlich durchaus Etliches umgesetzt und unternommen. Denn genau das ist der springende Punkt: Je mehr wir erleben, umso schneller vergeht die Zeit. In fünf Jahren jedoch werden uns diese Wochenenden, die aktuell nur so an uns vorbeifliegen, sehr lang vorkommen.
„Subjektives Zeitempfinden“ nennen Psychologen dieses Phänomen. Minuten dehnen sich zu Stunden, wenn wir im Platzregen ohne Schirm auf den nächsten Bus warten. Doch die Zeit verfliegt, wenn wir etwas tun, das uns erfüllt und Spaß macht. Ganz offensichtlich bestimmen äußere Ereignisse unseren inneren Takt. Im Fachjargon heißt das „Ereigniszeit“: Wenn uns in der Gegenwart Zeit lang erscheint – weil nicht viel passiert – erscheint sie uns in der Vergangenheit kurz, weil keine Spuren zurückbleiben. Umgekehrt vergeht in aktiven Phasen die Zeit in der Gegenwart sehr schnell, in der Rückschau erscheint sie uns dagegen wegen der vielen abgespeicherten Ereignisse als lang.
Wer also am Montagmorgen schon dem nächsten Wochenende entgegenfiebert, weil ihm das vergangene zu kurz erschien, der hat entweder alles richtig gemacht, weil er zwei aufregende und erfüllte Tage verbracht hat. Oder er hat bei der Jobwahl etwas grundlegend falsch gemacht und ist so unglücklich, dass er die Werktage kaum ertragen kann. Für erstere haben wir sieben Tipps zusammengetragen, wie sie auch in Zukunft erfüllte Wochenenden erleben. Für letztere haben wir nur einen Tipp: Sucht Euch einen Job, der Euch glücklich macht!
Abstand gewinnen
Wissenschaftler sind sich einig: Der erste Schritt in Richtung Erholung besteht darin, nicht nur körperlich, sondern auch gedanklich zuhause anzukommen. Job, Chef und Kollegen müssen draußen bleiben. Ein Ritual hilft uns beim Abschalten. Das kann ein entspanntes Glas Wein sein, eine Runde mit den Kumpels auf dem Fußballplatz oder ein Treffen mit der besten Freundin in der Kneipe. Wichtig ist, dass das Ritual seinem Namen alle Ehre macht und jede Woche dasselbe ist. So können wir uns schon im Vorfeld darauf freuen. Außerdem sind feste Gewohnheiten leichter einzuhalten, weil sie kaum Planung brauchen.
Die ganze Aufmerksamkeit schenken
Wer ganz in einer Tätigkeit versinkt, kann in dieser Zeit nicht an den Job denken – und das entspannt. Außerdem trägt dieses Abtauchen zur Gelassenheit bei, steigert die Laune und lädt die Akkus auf. Dabei geht es nicht nur um Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation, denn auch jedes andere Hobby ist geeignet. Einzige Voraussetzung: Wir müssen nach der Arbeitswoche noch genug Schwung haben, um uns aufzuraffen. Wer nur noch schlaff auf dem Sofa hängen und die Fernbedienung betätigen kann, der schafft es kaum noch, aktiv zu werden.
Herausforderung annehmen
An der Universität Münster erforscht die Arbeitspsychologin Carmen Binnewies, wie sich Menschen optimal von ihrem Job erholen. Sie sagt, dass Freizeit dann besonders erholsam ist, wenn wir sie nutzen, um etwas Neues zu lernen, oder wir etwas erreichen, was wir uns lange vorgenommen haben. Das heißt nicht, dass wir am Wochenende die Alpen überqueren müssen, um uns gut zu fühlen. Es reicht schon ein Konzertbesuch, ein Sprachkurs oder eine kleine Radtour in ein unbekanntes Gebiet – wichtig ist, dass es etwas Besonderes ist. Wer was als Herausforderung empfindet, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Gelingt es uns, am Wochenende etwas Neues oder Bedeutsames zu tun, spricht die Forschung von „Mastery-Erlebnissen“. Diese Erlebnisse sind deshalb so wichtig, weil wir dank ihnen etwas Neues lernen und neue Fähigkeiten entwickeln. Das gibt frischen Schwung für den Alltag.
Ab in die Natur
Studien zeigen, dass wir Menschen uns in der Natur am besten erholen. Der schwedische Psychologe Terry Hartig hat die erholsame Wirkung der Natur sogar nachgewiesen. Er verglich den Blutdruck und das Agressionslevel von rund hundert Studenten. Die eine Hälfte schickte er für eine Stunde in eine große Stadt, die andere ließ er im Grünen spazieren gehen. Das Ergebnis war eindeutig: Diejenigen, die in der Stadt unterwegs waren, hatten einen höheren Blutdruck und waren aggressiver als diejenigen, die in der Natur wandern waren. Eine Langzeitstudie aus Großbritannien schlägt in dieselbe Kerbe: Wer lange im Grünen oder in der Nähe von Grün lebt, fühlt sich psychisch gesünder und glücklicher.
Mit Sport zur Entspannung
Beim Sport schüttet unser Körper die berühmten Glückshormone namens Endorphine aus. Nach dem toten Punkt, an dem wir aufgeben wollen, kommt das sogenannte Runner’s High. Je nachdem, wie gut es um unsere Kondition bestellt ist, tritt es schon nach einer halben Stunde ein. Unsere Nervenzellen produzieren Endorphine, deren Wirkung Forscher ernsthaft mit einem leichten Opiumrausch vergleichen. Wem es besonders schwer fällt, sich von den Gedanken an den Job zu lösen, für den eignen sich Sportarten, die volle Konzentration verlangen. Kampfsportarten oder Tennis sind besonders gut geeignet. „Wenn man nur Bahnen schwimmt oder geradeaus rennt, kann der Kopf weiter Arbeitsprobleme wälzen“, sagt Arbeitspsychologin Carmen Binnewies.
Die Erholung planen
Putzen, einkaufen, aufräumen? Es gibt so vieles, was man am Wochenende erledigen möchte und sollte – und plötzlich ist die schöne freie Zeit vorüber. Erholung? Fehlanzeige! „Viele hoffen, dass sie Zeit für sich haben, wenn alles erledigt ist – meist vergeblich“, so Carmen Binnewies. Darum muss auch die Erholung eingeplant werden. Denn wenn niemand auf die Kinder aufpasst, die Tickets nicht reserviert sind und die Kumpels schon etwas anderes vorhaben, platzen die schönsten Ideen wie Seifenblasen. Außerdem entgleitet uns dann die Kontrolle über die eigene Zeit. Und dabei ist es doch für die Erholung besonders wichtig, dass wir über sie selbstbestimmt verfügen.
Freunde treffen
Wer kennt das nicht? Bei einem Bier mit unserem besten Freund plaudern wir zwar womöglich über den Stress im Job, ganz sicher aber auch über Gott und die Welt. Soziale Kontakte helfen uns auf diese Weise, Probleme zu bewältigen und bringen uns auf neue Gedanken. Das wiederum stärkt das Selbstwertgefühl und wir bauen Stress ab. Die Urlaubsforscherin Sabine Sonnentag hat nachgewiesen, dass es unsere Leistungsfähigkeit steigert, wenn wir freie Zeit mit Menschen verbringen, die wir mögen.
[KATRIN JAKOBEIT]