20.08.2021 ● Jasmin Biermann-Gässler
Neu starten - diskret bewerben
Sie überlegen, sich beruflich zu verändern oder haben einen heißen Tipp für den nächsten Schritt auf der Karriereleiter in einem anderen Unternehmen erhalten? Wenn Sie in einem bestehenden Arbeitsverhältnis sind und sich von Ihrem Arbeitgeber - aus welchen Gründen auch immer - trennen wollen, dann sollten Sie Ihre Bewerbung diskret halten, um im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht für schlechte Luft zu sorgen. Was alles bei einer diskreten Bewerbung beachtet werden sollte, erfahren Sie in diesem Blog.
Warum eine diskrete Bewerbung sinnvoll sein kann
Grundsätzlich steht es jedem Menschen frei, sein Berufsleben nach eigenem Willen zu gestalten. Neubewerbungen und Firmenwechsel gehören dazu, in unserer aktuellen Arbeitswelt immer stärker. Und selbst wenn Ihr Arbeitgeber von einer Bewerbung an einem anderen Unternehmen erfährt, ist das kein Kündigungsgrund. Trotzdem sollten Sie sich überlegen, wie offen Sie mit Ihren Veränderungswünschen umgehen wollen. Das hängt z. T. auch vom allgemeinen Arbeitsklima in Ihrer Firma ab, ebenso wie von den Gründen Ihres Wechsels. Sie müssen nicht diskret vorgehen, wenn Ihr Umzug z. B. persönliche Gründe hat, wie der Umzug Ihres Lebenspartners oder familiäre bzw. gesundheitlichen Gründe. Im Gegenteil, hier kann es sogar zur Unterstützung durch den Arbeitgeber kommen, wenn Sie ein gutes Verhältnis pflegen.
Im anderen Fall, wenn Sie aus rein karrieretechnischen Gründen oder weil das Arbeitsklima im Unternehmen bzw. das Vorgesetztenverhalten inakzeptabel für Sie sind, sollten Sie lieber diskret vorgehen. Mit jedem Mitarbeiter verliert ein Unternehmen auch internes Wissen, was meist in die Konkurrenz übergeht. Somit geht es bei einer Fremdbewerbung nicht nur um Ihre persönliche Entwicklung, sondern auch um das Vertrauen zu Ihrem aktuellen Arbeitgeber. Je nach Klima, könnte sich Ihr Verhältnis zum Chef und zu Kollegen verschlechtern, vielleicht sogar drastisch. Umso schlimmer ist das, wenn die Bewerbung nicht zum Erfolg führen sollte und Sie im Unternehmen verbleiben. Eine Zusammenarbeit mit verlorenem Vertrauensverhältnis kann extrem belastend sein, für beide Seiten.
Es kann natürlich auch sein, dass Ihr Chef Sie versuchen möchte, mit allen Mitteln zu halten, z. B. durch eine Beförderung oder Gehaltserhöhung. Dann sollten Sie sich trotzdem fragen, was Sie wollen - und ob Sie diese Form von Anerkennung nicht lieber durch ein internes Personalgespräch erhalten hätten.
Datenschutzkonform und trotzdem Grauzonen - deswegen: Sperrvermerk nutzen
Das aktuelle Recht ist zwar grundsätzlich auf Seite der Arbeitnehmer, was den Schutz Ihrer persönlichen Daten betrifft. Eine Bewerbung mit Ihrem Lebenslauf, Zeugnissen, Ihrem Namen und Kontaktdaten gehört zwangsläufig dazu. Dennoch ist eine Bewerbung auch eine besondere Situation. Mehrere Personen im neuen Unternehmen, angefangen bei der Personalabteilung und Geschäftsführung, vielleicht auch Abteilungsleitung ect., sind im Bewerbungsprozess involviert. Schließlich birgt jede Neueinstellung im Unternehmen sowohl Chancen, aber auch Risiken für das Unternehmen. Legitim ist es auch, dass der neue Arbeitgeber sich bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber oder früheren Unternehmen über Sie erkundigt.
Das können Sie leider nur vermeiden, indem Sie in Ihrem Bewerbungsschreiben ausdrücklich darauf hinweisen, dass Sie um vertrauliche Behandlung Ihrer Bewerbung bitten. Dieses Vorgehen nennt sich Sperrvermerk. Er sollte direkt am Anfang der Bewerbung stehen, am besten in der Betreffzeile, damit er nicht übersehen wird und der Lesende sofort weiß, wie er mit den Daten umgehen soll.
Je nach Ihrem Geschmack können Sie in der letzten Zeile Ihres Bewerbungsschreibens auch noch einmal auf den Wunsch nach Diskretion eingehen und z. B. kurz begründen, warum Sie sich eine vertrauliche Behandlung Ihrer Bewerbung wünschen. Die Begründung, dass Sie sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, versteht jeder. Ebenso legitim ist es auf Grund dessen den Namen des aktuellen Arbeitgebers nicht nennen zu wollen. ACHTUNG: In diesem Fall sollten Sie darauf achten, dass auch keine Berufsnetzwerke wie LinkedIn oder Xing und selbst private Portale wie Facebook Aufschluss darüber geben, wo Sie arbeiten.
Wenn Sie den Grund der Diskretion kurz erläutern, sollten Sie bestenfalls auch angeben, wann und wie Sie wünschen erreicht zu werden, z. B. außerhalb Ihrer Arbeitszeiten.
Achtung: Stolperfalle Zwischenzeugnis
In vielen Karriereratgebern liest man, dass ein Zwischenzeugnis des aktuellen Arbeitgebers förderlich für die Bewerbung sein kann. Wenn Sie jedoch Ihren Arbeitgeber nach einem Zwischenzeugnis fragen, wird er sofort hellhörig - denn i. d. R. benötigen Sie es wirklich NUR für eine neue Bewerbung. Wenn Sie auf ein Zwischenzeugnis nicht verzichten wollen, dann sollten Sie es Ihrem Arbeitgeber begründen können, z. B. dass Sie sich über eine schriftliche Einschätzung Ihrer Arbeit nach so und so vielen Jahren oder dem Abschluss eines bestimmten Projektes im Unternehmen freuen würden. Das bleibt aber dennoch heikel, je nach Verhältnis zu Ihrem Chef.
Im Zweifelsfall sollten Sie daher lieber auf ein Zwischenzeugnis im Falle einer diskreten Bewerbung verzichten. Wenn Sie den Namen Ihres aktuellen Arbeitgebers sowieso nicht nennen möchten, nützt Ihnen die Referenz ohnehin nichts.
Zusammenfassung: Tipps für eine vertrauliche Bewerbung
- Schreiben Sie - am besten in die Betreffzeile Ihrer Bewerbung - dass Sie um diskrete Behandlung Ihrer Bewerbung bitten
- Schreiben Sie Ihre Bewerbung NIEMALS auf dem Dienstrechner oder drucken sie im Büro aus. Die Fehlerquote, dass Ausdrucke liegen bleiben oder ein offenes PDF von Kollegen oder dem Chef gesehen werden, ist gar nicht so gering. Und stellt einen Vertrauensbruch dar, wenn Sie eine Fremdbewerbung in Ihrer Dienstzeit vornehmen.
- Versenden Sie Ihre Bewerbung NIEMALS von Ihrer aktuellen Dienst-E-mail-Adresse. Oder über den Postausgang Ihres Arbeitgebers. Das ist nicht nur rechtswidrig, sondern auch höchst unklug. Nutzen Sie eine seriöse private E-mail-Adresse.
- Erhalten Sie Ihre Motivation beim aktuellen Arbeitgeber aufrecht, auch wenn Sie sich trennen möchten. Nichts wirft ein schlechteres Licht auf Sie und auch Ihre berufliche Perspektive, wenn Sie sich in dieser Phase als unzuverlässig zeigen.
- Führen Sie Bewerbungsgespräche in Ihrer Freizeit, nicht während der Arbeitszeit und erst recht nicht im Büro oder vom Diensttelefon aus.
- Überlegen Sie sich gut, wem Sie von Ihren Plänen erzählen. Besonders, wenn Sie innerhalb einer Branche wechseln, kann das Netzwerk auch schnell zur Stolperfalle werden.
- Bleiben Sie im Bewerbungsgespräch sachlich und integer. Ziehen Sie nicht über Ihren aktuellen Arbeitgeber her oder geben, z. B. aus Unzufriedenheit, Interna weiter. Diese unprofessionellen Eigenschaften wird auch der neue Arbeitgeber nicht an Ihnen schätzen.
- Kündigen Sie Ihren aktuellen Job erst, wenn Sie einen schriftlichen Neuvertrag haben.
Über die Autorin:
Jasmin Biermann-Gässler ist Gründerin und Inhaberin von “biema - beruflich richtig platziert” und der “biema Transfer GmbH”. Jedes Jahr coacht, berät und trainiert biema über 600 Menschen dabei, sich beruflich richtig zu platzieren.
www.biema.de