29.09.2021
Beziehungen aufbauen, Fachkräfte sichern
Bild: Przemyslaw Koch
Trigema-Patriarch Wolfgang Grupp ist stolz darauf. Die Kinder der Beschäftigten des Herstellers von Sportbekleidung sollen möglichst ebenfalls im Unternehmen einen Ausbildungsplatz finden. Damit übernimmt das schwäbische Unternehmen im beschaulichen Burladingen nicht nur soziale Verantwortung für die Familien seiner Mitarbeitenden. Der Betrieb betreibt damit auch eine Festigung der Beziehungen zu den Beschäftigten im Sinne einer langfristigen Mitarbeiterbindung.
Starker Wettbewerb um Fachkräfte
Der demografische Wandel und der Wettbewerb um Fachkräfte führen dazu, dass sich das Umfeld von Unternehmen gravierend ändert. Nicht nur die Arbeitssuchenden müssen bei der Bewerbung interessant auftreten, auch Unternehmen befinden sich in der Situation, sich bei Kandidaten als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. So stehen Arbeitgeber vor der Herkulesaufgabe, Talente und potenzielle Fachkräfte in einer neuen Art anzusprechen.
Neue Strategien setzen auf Beziehungen
Dabei geht die Denkweise weg von einem werbeorientierten Fachkräftemarketing zu einer Herangehensweise, wie sie in den Public Relations praktiziert wird. Es werden alle Bezugs- und Interessensgruppen im Umfeld eines Arbeitgebers analysiert. Danach wird die Kommunikation systematisch daran ausgerichtet, welche Informationserwartungen diese Gruppen gegenüber dem Unternehmen haben.
Das Unternehmen als Marke reicht nicht
Lange Zeit stand im Wettbewerb um geeignete Arbeitskräfte die Arbeitgebermarke im Mittelpunkt. Doch bei diesem Employer Branding - also dem Entwickeln einer Arbeitgebermarke - kommen gerade kleine und mittelständische Unternehmen in der Flut der Werbebotschaften an ihre Grenzen. Deshalb ist es wenig effektiv, nur das allgemeine Unternehmensimage zu polieren. Es geht vielmehr darum, gute Beziehungen zu allen Bezugsgruppen des Arbeitgebers aufzubauen und zu pflegen.
Beschäftigte als wichtige Botschafter
Im Mittelpunkt steht für Arbeitgeber die Ansprache von Studierenden, möglichen Auszubildenden oder Fachkräften, die für das Unternehmen interessant sind. Im Eingangsbeispiel haben die Kinder der Trigema-Familien eine klare Zukunftsperspektive. Dazu bekommen sie von ihren Eltern und Geschwistern bereits Informationen über das Arbeitsklima und den Inhalt der Tätigkeiten im Unternehmen.
Perspektivwechsel bei der Ansprache
Im Fachbuch „Employer Relations“ beschreiben die Autorinnen Claudia Mast und Alexandra Simtion auf Basis von Erkenntnissen aus zahlreichen Studien, dass potenzielle Bewerber eine große Bandbreite an Informationserwartungen bei der Suche nach einer Arbeitsstelle haben. Sind die Erwartungen dabei noch so vielfältig, so besteht bei allen Zielgruppen vorrangig Interesse an Informationen zum Arbeitsklima, zum Gehalt und zum Standort des Unternehmens. Um nachzuvollziehen, welche Informationen für eine der Interessensgruppen entscheidend sind, hilft ein Perspektivwechsel zur Sichtweise der jeweiligen Zielgruppe.
Employer Relations als neues unternehmerisches Handlungsfeld
Um das Ziel zu erreichen, als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, sollten Unternehmen auf den andauernden Beziehungsaufbau zu Beschäftigten und potenziellen Bewerbern sowie zu anderen Kontaktgruppen im Umfeld setzen.
Auch eine gute Kommunikation mit Multiplikatoren wie Schulen, Hochschulen und den Medien, sind entscheidend, um dort gute Beziehungen aufzubauen. Mit den sogenannten Employer Relations - den Arbeitgeberbeziehungen - entsteht so in Unternehmen ein neues Handlungsfeld, bei dem die unterschiedlichen Kernkompetenzen von Marketing, Unternehmenskommunikation und dem Personalbereich miteinander verschmelzen.
VON HOLGER HAGENLOCHER