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29.08.2020

Das Home Office hat sich etabliert

Eine Frau arbeitet im Homeoffice und nimmt an einer Telefonkonferenz teil. Das Homeoffice wegen der Corona-Krise war für viele Arbeitnehmer eine positive Erfahrung. Für die Unternehmen auch. Bild: dpa

Früher viele Bedenkenträger

Wer sich bislang zum Thema Home Office umhörte, stieß in vielen Unternehmen auf Bedenken. Entsprechend groß war die Zurückhaltung: Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung(IAB) zufolge arbeiteten von den Beschäftigten ohne Führungsverantwortung 2017 nur 22 Prozent gelegentlich und durchschnittlich sechs Stunden pro Woche mobil. Dann erzwang die Corona-Pandemie ein Umdenken, und die ersten Zwischenergebnisse des Großexperiments zeigen: Viele Mitarbeiter wollen auch künftig mobiler und flexibler arbeiten.

Ruhe und Work-Life-Balance

Beispiele Mercateo: Die Beschaffungsplattform für Geschäftskunden hat während des Lockdowns alle ihrer mehr als 500 Mitarbeiter nach Hause geschickt und die Erfahrungen in einer vom Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen der Zeppelin Universität durchgeführten „Tagebuchstudie“ auswerten lassen. Über 2200 Tagebucheinträge kamen zwischen März und Mai zusammen. „Nach anfänglichen Schwierigkeiten berichten viele von einer enormen Produktivitätssteigerung durch die Ruhe und eine bessere Work-Life-Balance durch die freie Zeiteinteilung“, erklärt ZU-Forscherin Laura Berchthold.

Zuhause sogar produktiver

Auch die ifm-Gruppe, die spezialisiert auf Sensortechnik für die Industrie 4.0 ist, hat ihre Mitarbeiter nach den Erfahrungen im Home Office befragt. Vor Corona zählte der Mittelständler mit Hauptsitzen in Essen und Tettnang eher zum Lager der Home Office-Skeptiker, die Quote der mobilen Arbeit lag bei 3,4 Prozent. Zur Hochzeit des Lockdowns arbeiteten fast 80 Prozent der Beschäftigten nicht im Büro – und siehe da: Selbst die Lohnbuchhaltung funktionierte, und über die Hälfte der Umfrageteilnehmer erklärten, sie seien zuhause sogar produktiver als zuvor gewesen. „Damit sind jetzt Diskussionen möglich, die vorher so nicht möglich waren“, freut sich Personalgeschäftsführer Steffen Fischer.

Es braucht die richtige Balance

Allerdings habe sich auch gezeigt, was nicht immer sofort gut funktioniert. Hybridveranstaltungen, also digitale Präsenzmeetings mit vielen weiteren zugeschalteten Teilnehmern, zählt Fischer dazu. Ganz zu schweigen von der Arbeit von Hardwareingenieuren. „Die gehört ins Labor und nicht in die Küche.“ Selbst die Enthusiasten vermissen die Nähe zu ihren Kollegen. In dieser Kategorie vergaben die ifm-Mitarbeiter die mit Abstand schlechteste Note. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen von ZU-Forscherin Berchthold. So zeigten die von ihr ausgewerteten Tagebucheinträge, dass über die Zeit der Zusammenhalt im Team schwinde und das Bedürfnis nach Austauschmöglichkeiten virtuell nicht zu stillen sei. Gefordert sei „eine Balance zwischen Büro- und Homeoffice-Möglichkeiten“. Dies habe „auch Implikationen für unser Verständnis, wie das ‚Büro der Zukunft‘ aussehen könnte“.

VON JENS POGGENPOHL

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