27.08.2022
Der Traum von der Selbstständigkeit: Die Gründung gut vorbereiten
Ralf Lauterwasser ist der Geschäftsführer von Steinbeis Beratungszentren. Bild: Steinbeis / bramgino - stock.adobe.com
In den letzten zehn Jahren haben sich hingegen immer weniger Menschen für eine selbstständige Tätigkeit entschieden. Seit 2011 ist die Zahl der Existenzgründungen bedenklich um rund 40 Prozent gesunken.
Dabei haben Start-ups und Existenzgründungen in der gewerblichen Wirtschaft, im Handel, im Handwerk bis hin zu den Freien Berufen für das Wirtschaftssystem eine große Bedeutung: Existenzgründer beleben den Wettbewerb und halten so den Effizienzdruck auf etablierte Unternehmen hoch. Gründer spielen somit eine wichtige Rolle für Wachstum, Beschäftigung und die Zukunftsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft.
Junge Unternehmen fordern nicht nur bestehende Unternehmen mit neuen Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und Geschäftsmodellen heraus, sondern treiben auch den Wettbewerb an. Eine vielfältige Gründungsszene trägt auch zur Stabilität der Demokratie bei, indem wirtschaftliche Verantwortung auf viele Schultern verteilt und einer demokratiegefährdende Machtkonzentrationen entgegengewirkt wird.
Auch Ralf Lauterwasser, Geschäftsführer der Steinbeis Beratungszentren, sieht die volkswirtschaftliche Bedeutung von Existenzgründungen, rät jedoch dazu, sich nicht unvorbereitet selbstständig zu machen: „Der Schritt in die Selbstständigkeit sollte gut geplant sein. Um ein Gründungsvorhaben von Anfang an systematisch auf den Weg zu bringen, müssen bereits im Vorfeld zahlreiche Überlegungen erfolgen“, gibt Lauterwasser zu bedenken. Dabei sollten sich Gründende zuerst fragen, ob die erforderlichen fachlichen und persönlichen Kenntnisse vorhanden sind. „Auch die Erfolgschancen einer Geschäftsidee und die damit verbundenen Risiken sollten ausführlich geprüft werden. Zudem sind die finanziellen Voraussetzungen genauso abzuklären wie die Frage, wie Kunden erreicht und gewonnen werden können“, so Lauterwasser, der auch Leiter des Steinbeis Beratungszentrum Existenzgründung ist. Er rät deshalb dringend dazu, sich vor der Gründung beraten zu lassen und dazu die zahlreichen Fördermöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Steinbeis verfüge hier über zahlreiche Beratungsangebote, die Gründende aller Branchen unterstützen.
„Für Kommunen ergibt die Förderung von Existenzgründungen durchaus Sinn“, so Claudia Kessler-Franzen, Geschäftsführerin des Singener Standortmarketingvereins Singen Aktiv. „Es entstehen wohnortnahe Arbeitsplätze und die Vielfältigkeit des Wirtschaftsstandortes Singen steigt weiter“, erklärt Kessler-Franzen. Schon vor einigen Jahren hat sie die Gründungsnachmittage für Existenzgründer und junge Unternehmen ins Leben gerufen. Mit niederschwelligen Angeboten soll im persönlichen Austausch mit Experten das notwendige Gründungswissen vermittelt werden. „Nach einer allgemeinen Einführung zum Thema Gründung gibt es bei jeder Veranstaltung einen kurzen Vortrag eines Spezialisten zu einem ausgewählten Thema“, beschreibt sie den Ablauf. „Bei der Auswahl orientieren wir uns an der Gründungsreise, also den Stationen der Reise des Gründers bis zur Gründung.“
Dass zu einer gründerfreundlichen Kommune mehr gehört als Gründungswissen, wurde in Singen erkannt. Mit einem Schülerforschungszentrum und der Einrichtung eines Reallabors Singen als Außenstelle der Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung wird zugleich nachhaltig ein innovationsfreundliches Klima gefördert.
Von Holger Hagenlocher