30.01.2021
„Kühlschrank und Couch sehe ich als größte Gefahr“
Holger König war von 1999 bis 2005 Eishockeyprofi und studierte anschließend Sportökonomie. Seit 25 Jahren ist der dreifache Vater Experte für Fitness und Ernährung und hilft damit vielen Konstanzern zu mehr Lebensqualität – in Zeiten von Homeoffice und Lockdown natürlich digital. | Bild: Privat
Herr König, welche Gefahren lauern im Homeoffice für Fitness und Gesundheit?
Für aktive, gesundheitsbewusste Personen sind das eigentlich nur wenige. Ansonsten sehe ich Kühlschrank und Couch sowie den Fernseher als größte Gefahr. Da hat der innere Schweinehund ein leichtes Spiel mit uns. Wer im Homeoffice und Lockdown inaktiv wird, beginnt einen gefährlichen Kreislauf. Denn dabei fährt sich unser Stoffwechsel herunter, Sehnen, Bänder und Muskulatur bauen ab, Rückenschmerzen können zunehmen, der Blutdruck steigt. Insgesamt werden wir auch etwas voluminöser. Aber dem kann man ganz einfach entgegenwirken.
Wie schnell gehen Fitness und Ausdauerverloren?
Unser Körper bedient sich hier bei einem Gesetz der Natur. „Verwende es oder verliere es.“ Eigentlich sind wir ein evolutionäres Energiesparwunder. Alles, was nicht gebraucht wird und zu viel Energie raubt, wird abgebaut. Hier zählt leider auch unsere wertvolle Muskulatur dazu. Ohne muskuläre Aktivität verlieren wir ab dem 30. Lebensjahr pro Jahr etwa ein Prozent unserer Grundmuskulatur. Diesem Verlauf müssen wir entgegenwirken.
Wie lassen sich die Negativfolgen des Homeoffice vermeiden?
Training ist die Lösung. Ich sage bewusst nicht „Bewegung“. Bewegung ist gut, sehr gut sogar, um den Status quo zu erhalten. Training ist aber wichtig, wenn man seine Leistung und sein Wohlbefinden verbessern möchte. Dabei ist wichtig, nach und nach den Umfang und die Intensität der Einheiten zu steigern. Niemals beides gleichzeitig. Bewegen Sie sich auf jeden Fall raus aus der Komfortzone! Sie fühlen sich einfach wohler, wenn Sie trainiert haben. Ganz wichtig ist auch das Mobility Training. Hier gibt es tolle Programme wie zum Beispiel das KIDProgramm (Kraft in der Dehnung) vom Konstanzer Arzt Dr. Kurt Mosetter. Nicht vergessen darf man die Ernährung. Achten Sie einfach mal bewusst darauf, was den ganzen Tag durch die Futterluke geht. Würde man von jedem Häppchen oder Snack ein Handyfoto machen, wäre die Speicherkarte schnell voll. Was meine ich damit? Mit guter Ernährung lässt sich unsere Gesundheit sehr gut steuern.
Welche Workouts sind am besten dafür geeignet? Cardio oder Krafttraining?
Ich würde immer das Krafttraining bevorzugen. Kurz, knackig, fertig. Wir haben 650 Muskeln, die darauf warten, aktiviert zu werden. Ganzkörperübungen wie die Kniebeuge, Liegestütze und Unterarmstütz sollten Sie hier bevorzugen. Wer Klimmzüge kann, noch besser. Training kann auch bei völlig Ungeübten mit einer Minute am Tag beginnen. Nach drei Tagen dann zwei Minuten usw. Das schafft jede Coach-Potatoe. Krafttraining hat einen weiteren, ganz besonderen Vorteil. So genannte Myokine werden produziert. Das sind Botenstoffe, die der Körper vermehrt bei intensiver Muskelbeanspruchung ausschüttet. Sie stoppen beispielsweise Entzündungen und regulieren die Immunabwehr.
Wenn ich 10 Minuten am Tag Zeit habe, welche Übungen sollte ich machen?
Ich würde es nicht an 10 Minuten festmachen, sondern an mehreren Kleinigkeiten, die man durch Wiederholung wunderbar in seinen Tag integrieren kann. Dazu gehören sieben bis acht Stunden schlafen, zwei bis drei Liter Wasser trinken, 20 Minuten Training am Tag, ausreichend Proteine und Gemüse essen, 10 000 Schritte gehen, 10 Minuten Mobilitätsübungen, eine negative Kalorienbilanz… Beginnen Sie heute mit dem ersten und wiederholen Sie es jeden Tag. Nach sieben Tagen nehmen Sie einen weiteren Punkt hinzu. Und so weiter. In drei Monaten haben sich Ihre Gewohnheiten zum Positiven verändert. Und vermutlich auch Ihr Wohlbefinden. Ich wünsche es Ihnen von Herzen. Machen Sie es – das sind Sie sich und Ihrem Körper schuldig.
VON HEIKE THISSEN