You are here

Die einzige Konstante ist die Veränderung

Die Arbeitswelt verändert sich ständig und erst recht in Zeiten einer weltweiten Pandemie. Eine Bestandsaufnahme und ein Ausblick.
Veröffentlicht am 08.06.2022
Bild: .shock – stock.adobe.com

Das Arbeitsleben vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie? Daran können sich viele Angestellte und Selbstständige nur noch sehr vage erinnern. Zu lang ist es her, dass sie von 9 Uhr morgens bis 17 Uhr im Büro saßen und ihrer Arbeit nachgingen. Seither ist viel passiert und noch mehr hat sich getan, denn die Notwendigkeit ist die Mutter der Erfindung: Weltweit schickten Unternehmen ihre Mitarbeiter 2020 ins Homeoffice, viele arbeiten auch zwei Jahre später immer noch dort. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass in Sachen „Arbeitswelt im Wandel“ auch 2022 die Investitionen in Remote Work laut einer Studie des Softwareherstellers Citrix für beispiellose Innovationen und Wachstum sorgen werden.

DIE ARBEITSWELT FÜR IMMER VERÄNDERN – JETZT!

Im Frühling vor zwei Jahren reagierten die meisten Unternehmen schnell, um neue Technologien zu implementieren, interne Abläufe zu verbessern und die Kundenkommunikation zu digitalisieren. Dabei entstanden neue Trends und bereits bestehende wurden beschleunigt. Die Untersuchung „The Era of Hyper Innovation“ kam Ende 2021 zu dem Ergebnis, dass 69 Prozent der Führungskräfte weltweit die Investitionen in Forschung und Entwicklung auch in den kommenden zwölf Monaten weiter erhöhen wollen. Schließlich wollen die seit 2020 gewonnenen Erkenntnisse dazu genutzt werden, um mutige und langfristige Veränderungen anzudenken und umzusetzen. Die Zukunft der Arbeit in die Hand nehmen und für immer verändern? Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt dafür, wie unter anderem Laura Ryan, Director of International HR bei der Content-Collaboration-Plattform Dropbox, vor wenigen Wochen in einem in verschiedenen Businessmedien veröffentlichten Essay schrieb.

FLEXIBILITÄT WIRD WEITERHIN IM MITTELPUNKT STEHEN

Wer darauf hofft, dass bald wieder „Business as usual“ stattfindet, wird enttäuscht werden, ist sich Laura Ryan sicher: „Der Fokus auf Flexibilität – sei es durch hybride Arbeitsformen oder vollständige Fernarbeit – wird sich nicht mehr zurücksetzen lassen auf die Zeit vor der Pandemie!“ Die Mitarbeitenden haben die Freiheit genossen, nicht an einen bestimmten Ort gebunden zu sein. Damit haben sich die überholt veralteten Vorstellungen von Präsentismus endgültig als irrelevant erwiesen. „Unternehmen, die sich diesem Wandel widersetzen, werden kaum Chancen haben, sich im War for Talents durchzusetzen“, schreibt die Personalchefin. So hat eine Umfrage vom Meinungsforschungsunternehmen Cave ergeben, dass 90 Prozent der Menschen in Teil- und Vollzeit gern aus der Ferne arbeiten würden. Zudem zeichnet sich in ganz Europa eine neue Welle von Kündigungen solcher Arbeitnehmenden ab, die ihren Arbeitsplatz auf der Suche nach mehr Flexibilität und Sinnhaftigkeit verlassen wollen. „Das fordert die Unternehmen heraus, umzudenken und sich von einer Firmenkultur oder Arbeitszeitstrategie für immer zu verabschieden, bei der die Mitarbeitenden an ihrer Präsenz von 9 bis 17 Uhr bemessen werden“, schlussfolgert die Personalerin mit mehr als 16 Jahren Berufserfahrung.

TALENTE SIND KÜNFTIG ÜBER DIE GANZE WELT VERTEILT

Wie wichtig vielen Angestellten das Homeoffice inzwischen geworden ist, zeigt eine Bitkom-Studie, nach der jeder fünfte Berufstätige – 21 Prozent – umziehen würde, wenn er künftig größtenteils im Homeoffice arbeiten dürfte. „Und das“, schreibt Laura Ryan, „eröffnet Arbeitgebenden, die bei der Auswahl ihrer Arbeitsorte flexibel sind, große Chancen. Remote Work, also verteiltes Arbeiten, hat einen enormen Einfluss auf die Talente, die Mobilität schätzen.“ Das hat aber zur Folge, dass Unternehmen nicht nur ihre Talentstrategien, sondern auch ihre Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden an verschiedensten Standorten völlig neu denken und überarbeiten müssen. Immerhin haben Untersuchungen jüngst ergeben, dass in Zeiten von Corona die Videokonferenzen, der Cloud-Speicher, die Dateifreigabe und die Simultanbearbeitungssoftware für die Geschäftskontinuität entscheidend waren. „Wenn also alle Teams auf der ganzen Welt immer verteilter arbeiten werden, benötigen die Mitarbeitenden zunehmend einfache, leicht zu bedienende Dokumenten-Workflows, die Reibungsverluste reduzieren, alle benötigten Informationen zu jeder Zeit hürdenlos zu Verfügung stellen und die Zusammenarbeit mit anderen extrem vereinfachen“, schlussfolgert Ryan.

ASYNCHRONE KOMMUNIKATION WIRD EINE GROSSE ROLLE SPIELEN

Wo Arbeitsweisen verändert werden, ist ein Kulturwandel erforderlich. Damit alle Vorteile der Fernarbeit wirklich zum Tragen kommen können, empfiehlt Laura Ryan Unternehmen, eine „asynchrone Standardeinstellung“ einzunehmen. Was sie damit meint? „Unnötige Besprechungen sind einer der größten Störfaktoren für einen produktiven und effektiven Arbeitstag, und es liegt an uns allen, dies zu ändern. Indem wir unsere Mitarbeitenden ermutigen, alle unnötigen Besprechungen aus ihren Kalendern zu streichen und Live-Konversationen bewusster zu planen, können sie leichter von ‚ganztägig synchronisiert‘ auf ‚standardmäßig asynchron‘ umstellen und so mehr Flexibilität und Konzentration in ihren Tag bringen“, schreibt die Expertin. Die Wichtigkeit von Live-Konversationen bleibe dabei jedoch bestehen. Laura Ryan ist sich sicher, dass die Unternehmen, die ihren talentierten Angestellten mehr Zeit und Flexibilität für die Ausgestaltung des eigenen Lebens einräumen, mittel- und langfristig gewinnen werden. „Ich prognostiziere, dass weder ein fester Arbeitsort noch starre Arbeitszeiten im alten 9-to-5 Raster in Zukunft noch Chancen haben“, ist ihr Fazit.

VON HEIKE THISSEN