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Viele Dienstleistungen lassen sich digitalisieren

Warum sollten sie ihre Dienstleistungen digitalisieren und Welche Voraussetzung muss eine Dienstleistung erfüllen, damit sie sich digitalisieren lässt - diese und weitere Fragen beantwortet uns Diplom-Ingenieur Christian Hagen im Interview.
Veröffentlicht am 05.02.2022
Christian Hagen ist Diplom-Ingenieur, EDV-Spezialist und Marketingexperte. Er unterstützt Dienstleister dabei, ihr Angebot zu digitalisieren. | Bild: Hannahkonda Fotografie

Herr Hagen, die Digitalisierung ist in vollem Gange. Und doch gibt es Berufsgruppen, bei denen in dieser Hinsicht noch Luft nach oben ist. Welche sind das?

In unserer analogen Welt übersehen Dienstleister immer noch gern, dass es viele Kunden gibt, die sie digital erreichen können. Ich denke da zum Beispiel an Ärzte, Physiotherapeuten oder Coaches, die bis heute ihr Angebot über Mundpropaganda verteilen oder mit gedruckten Flyern arbeiten, um ihr Angebot zu bewerben. Sie sind noch nicht in der digitalen Welt angekommen.

Warum sollten sie ihre Dienstleistungen digitalisieren?

In erster Linie geht es darum, die Zielgruppe – wie der Name schon sagt – gezielt anzusprechen. Ich spreche da gern von „Lieblingskunden“, als von den Menschen, mit denen man am liebsten zusammenarbeiten möchte. Zu diesen Kunden können Anbieter online sehr viel einfacher Kontakt aufnehmen und sie dadurch enger an sich binden. Wer die Kundenbeziehung aufbaut und pflegt sorgt auch dafür, dass sich die Menschen gut aufgehoben fühlen und immer wieder gern zurückkommen.

Was spricht außerdem dafür?

Eng damit verbunden ist die Spezialisierung: Nicht jeder Berater oder Dienstleister ist gut in allen Bereichen. Doch dank Digitalisierung kann er seine Expertise besser darstellen und die Menschen ansprechen, die genau das brauchen, was er anbietet. Weitere Pluspunkte sind natürlich Rationalisierung und Effektivitätssteigerung. Prozesse, die immer wieder kehren, eignen sich oft gut für eine Automatisierung.

Können Sie hierfür ein Beispiel nennen?

Wenn ich eine Arztpraxis habe und sich meine Patienten online selbst einen Termin buchen können, kann meine Sprechstundenhilfe in der Zwischenzeit ganz andere Sachen erledigen, anstatt am Telefon zu hängen. Alles, was ich hierfür brauche, ist ein digitaler Buchungskalender. Ich denke da aber auch ans E-Mail-Marketing: Viele Dienstleister – und dazu zähle ich zum Beispiel auch Ärzte oder Therapeuten – haben zwar die Emailadressen ihrer Kunden mit deren Einverständnis erfasst, nutzen sie aber nicht, um ihnen ihre Angebote vorzustellen. Klar, dass Ärzte auch hierbei einem Werbeverbot unterliegen.

Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung ja stark vorangetrieben.

Das stimmt. Viele Anbieter, die in ihrer Arbeit eigentlich auf physischen Kontakt mit ihren Kunden angewiesen sind, haben sich in den vergangenen zwei Jahren nach anderen Möglichkeiten umsehen müssen. Ein gutes Beispiel sind zum Beispiel Yogalehrer, die jetzt ihre Trainings dank Digitalisierung in die Wohnzimmer ihrer Kunden bringen.

Welche Voraussetzung muss eine Dienstleistung erfüllen, damit sie sich digitalisieren lässt?

Grundsätzlich lassen sich viele Dienstleistungen digitalisieren, die nicht am Menschen stattfinden. Seit der Corona-Pandemie hat sich hier einiges getan, so dass inzwischen sogar Therapie- oder Gruppensitzungen online stattfinden. Doch gerade bei Ärzten und Therapeuten gelten immer noch strenge Regeln, die sie auf jeden Fall auch dann berücksichtigen müssen, wenn sie ihre Dienste online anbieten. Alles, was Dienstleister und Kunde brauchen, um an der Digitalisierung teilzuhaben, ist zunächst mal ein Computer, ein Tablet oder ein Smartphone. Was allerdings viele dabei vergessen: Auch Grundkenntnisse im Marketing und im Verkaufen, im Verfassen von Werbetexten oder im Schalten von Werbung in den sozialen Medien schaden nicht, wenn die Digitalisierung der Dienstleistung erfolgreich sein soll.

VON HEIKE THISSEN