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Bequem im Stoff, schick im Look - so sieht die Zukunft aus

Die Arbeitswelt gestaltet sich auch nach der Corona-Pandemie immer mobiler und hybrider, doch wirkt sich das auch auf unseren Dresscode am Arbeitsplatz aus?
Veröffentlicht am 22.05.2021
Thomas Wartner ist Mitinhaber von „stulz – mode, genuss, leben“ aus Waldshut-Tiengen. Gemeinsam mit seiner Frau Anette führt er dort mehrere Concept Stores. Im Interview äußert er sich über den Post-Corona-Dresscode – und die Sehnsucht, mal wieder richtig angezogen zu sein. | Bild: PR

Herr Wartner, es gilt als ausgemacht, dass die Arbeitswelt auch nach der Corona-Pandemie immer mobiler und hybrider wird. Was heißt das für den Post-Corona-Dresscode? Ist der auch hybrid?

Das ist ja die Wunschvorstellung vieler Männer: ein Look für jeden Anlass. Als Modeliebhaber tut mir es natürlich weh, wenn ich so etwas höre. Aber definitiv kann man sagen, dass die Looks im Home Office legerer geworden sind und dies wahrscheinlich auch anhält. Der große Trend in der Ware ist Jersey. Da gibt es jede Menge Angebote. Jersey-Hemden zum Beispiel, aber auch hochwertige Anzüge, bei denen man am Bildschirm nicht sieht, dass ich eigentlich ein Sweatshirt trage. Im Herbst wird man auch verstärkt Overjacket-Schnittformen sehen, also Sakkos, die oben wie ein Hemd geschnitten sind, unten aber kürzer. Die kann man gut im Sitzen tragen. Kurz gesagt: Bequem im Stoff, schick im Look – so sieht die nahe Zukunft aus.

Und bei den Frauen?

Auch hier ist im Herbst alles Thema, was am Bildschirm sichtbar ist: Es wird mehr Broschen und Steine geben, wir werden auch vermehrt Rüschen und Wasserfall-Krägen sehen – und darunter im Extremfall vielleicht eine Jogginghose. Wobei ich in meinem Alltag die umgekehrte Beobachtung nicht habe: Nicht selten beschweren sich Frauen bei mir darüber, dass ihr Mann in der Pandemie leichte Verwahrlosungstendenzen zeigt.

Haben Sie keine Sorge, dass das anhält und Mode einfach an Bedeutung verliert?

Nein. Der Reiz der Mode ist das Schönste auf der Welt – für mich jedenfalls. Denken Sie nur daran, wie schön es war, sich als Kind zu verkleiden. Oder wenn Sie vor dem Spiegel stehen und eine coole neue Krawatte schnüren. Oder ein Kompliment für Ihren neuen Look bekommen und deshalb aufrechter durch den Tag gehen. Diesen Reiz der Verwandlung spüren wir auch in der Beratung. Gerade verkaufen wir viele Überraschungsboxen für den Frühling. Die Sachen kann man alle umtauschen, aber viele Kunden sagen: Genial! Das hätte ich mir nie ausgesucht, aber mir gefällt’s.

Apropos Krawatte: Erlebt die nochmal ein Comeback?

Jüngst habe ich darüber mit einem Vorstand einer Bank gesprochen, in der man gerade intensiv darüber diskutiert, wie der Banker der Zukunft aussehen muss. Hier gilt: definitiv krawattenlos. Aber solche Dresscodes müssen immer auch zur Unternehmenskultur und zum Führungsstil passen. Und aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Jede Zeit kommt wieder, aber in Abwandlung. Strickkrawatten oder -fliegen verkaufen wir zum Beispiel aktuell recht häufig. Das ist ein männliches Detail, ohne übertrieben formell zu wirken. Und bei Frauen werden Kleider gerade wieder zum Thema, vor allem mittel- bis bodenlange.

Bleiben noch die Schuhe. Was sind dabei die neuesten Trends?

Bei den Damen sieht man schon wieder kleine Absätze, sogar spitze Absätze. Auch bei den Herren wird es wieder eleganter. Der Sneaker wird natürlich nicht verschwinden, aber der klassische Chelsea Boot in moderner Variante hat auch seine Berechtigung. Es gibt immer Anlässe, bei denen es etwas feiner sein muss. Und wenn Sie mich fragen: Nach Corona werden ganz Viele wieder angezogener herumlaufen wollen.

VON JENS POGGENPOHL